Anmerkung. Hans-Georg Gadamer hat den kroatishen Philosphen Mathias Flacius Illyricus / Matija Vlacic Ilirik (1520-1575) als einen Klassiker der Hermeneutik anerkannt. Im zweiten Band seines Hauptwerks "Wahrheit und Methode", behandelt Gadamer Vlacics Hermeneutik sehr umfaenglich. Vlacics Begriff "scopus" ist einer der Grundbegriffe der Hermaneutik bei Gadamer (die Lehre vom Auslegen und Verstehen). Vlacic war einer der einflussreichsten Denker der propestantischen Bewegung, er hat ueber 250 Baende verfasst, und sein Hauptwerk ist "Catalogus testium veritas" (1556). Vlacic stammte aus Istrien. Gadamer hat auch an den Universitaeten in den Vereinigten Staaten Vortraegen / Vorlesungen gehalten. (ra) --------------------- 14.03.2002 Der letzte deutsche Denker in großer Tradition Hans-Georg Gadamer begründete die philosophische Hermeneutik und war in seinen letzten Lebensjahrzehnten der "Nestor" der deutschen Gegenwartsphilosophie. Hans-Georg Gadamer war nicht nur der älteste, sondern auch imposanteste Repräsentant der Geisteswissenschaftler Deutschlands. Der Philosoph starb einen Monat nach seinem 102. Geburtstag in Heidelberg. Der am 11. Februar 1900 in Marburg geborene Sohn eines Chemieprofessors durchlebte das gesamte vergangene Jahrhundert, das er mit seinem umfangreichen Werk bereichert und mitgeprägt hat. Bis zu seinem Tod war Gadamer ein hellwacher Kopf, dazu ein so kritischer wie souveränder Beobachter des Zeitgeschehens. Noch als Greis konnte der Schüler Martin Heideggers aus dem Stand und ohne jedes Konzept druckreif in freier Rede formulieren. In den letzten Jahren drängten sich geradezu die Nachgeborenen, um ein Interview oder einfach nur ein Gespräch mit dem auch äußerlich beeindruckenden weißhaarigen Herrn mit besten Manieren zu bekommen. Denn allen war klar, dass ein Denker dieser Rangstufe, mit diesem enzyklopädischen Wissen und sich wie selbstverständlich in der großen Tradition der deutschen Philosophiegeschichte bewegend, keinen Nachfolger haben würde. Dabei ist der Ruhm erst spät in das lange Leben des schon 1968 von seinem Heidelberger Lehrstuhl abgetretenen Mannes gekommen: 1960 hatte Gadamer mit seinem Hauptwerk "Wahrheit und Methode" Weltgeltung erlangt. Fortan galt er als Begründer der zeitgenössischen "philosophischen Hermeneutik", der Lehre vom Auslegen und Verstehen. Gadamer verstand den Menschen als ein auf Verstehen angelegtes Wesen, der die Erfahrung von Geschichte in Sinn umzuwandeln genötigt ist. Wer je diesen lebhaften Denker bei einer Vorlesung oder einem Vortrag beobachten konnte, sah einen Mann, der das Gespräch und das Wort über alles liebte. Dialogfähigkeit als Überlebensfrage der Menschheit Für den späten Gadamer war die Dialogverpflichtung des Menschen die Überlebensfrage der Menschheit überhaupt: "Die Hermeneutik kann ja besonders dies leisten: den Respekt vor dem anderen wieder zu begründen durch die Tatsache, dass man niemals für sich alleine alles sagen kann." Als der bis zuletzt seine tägliche Weinration genießende Mann diese Erkenntnis eines langen Gelehrtendaseins formulierte, war er übrigens bereits 99 Jahre alt. "Zeuge des Jahrhunderts zu sein, ist eine große Last", meinte er damals im Blick auf jenes 20. Jahrhundert, dessen Irrungen und Wirrungen auch Gadamer nicht entkommen konnte. 1939 hatte der Philosoph einen Lehrstuhl in Leipzig erhalten, den er bis 1947 behielt. Im Hitler-Reich konzentrierte er sich auf sein Fachgebiet, in dem er mit einer von Heidegger abgenommenen Arbeit über die Ethik in der griechischen Antike seine Professur begründet hatte. Unter dem Motto "Auch das geht vorüber" überstand er die Diktatur ohne nachweisbare Verstrickung oder Widerstand. Gadamer sah sich selbst so bewusst wie bescheiden als deutschen Professor traditionellen Stils. In späten Jahren zum Nestor seiner Disziplin, ja zur geistigen Instanz zu werden - das dürfte den persönlich bescheidenen, höchst unspektakulär in einem Einfamilienhaus oberhalb von Heidelberg wohnenden Denker selbst verwundert haben. Doch er war ja nicht nur ein Philosoph, der kluge Bücher geschrieben hatte, sondern ein Meister deutscher Sprache, der nach dem Tod Ernst Jüngers nicht mehr seinesgleichen hatte. Die Muttersprache, sagte er, "prägt unsere Identität und ist durch nichts zu ersetzen." Auch Hans-Georg Gadamer ist nicht zu ersetzen. Seine Werke werden bleiben, aber mehr noch die Erinnerung all derer, die ihn persönlich hören und sehen konnten. Mit seinem Tod geht eine ganze Epoche deutscher Geistesgeschichte zu Ende. (ap/kas) Distributed by www.CroatianWorld.net. This message is intended for Croatian Associations/Institutions and their Friends in Croatia and in the World. The opinions/articles expressed on this list do not reflect personal opinions of the moderator. If the reader of this message is not the intended recipient, please delete or destroy all copies of this communication and please, let us know!
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